Das Wiehern der Pferde, als wir in die Einfahrt zur Farm einbiegen. Der herzliche Empfang der beiden Gastgeber Jan und Stephan und ihrer süßen Hundedame Mia. Der Duft warmer Wiesen und Sträucher. Das Zusammensein mit alten und neuen Freunden. All das werden wir nicht mehr vergessen, haben es fest gespeichert im Kopf und im Herzen. Es war der Besuch auf der Four Trees Farm von Jan und Stephan in Gomes Aires, Portugal, der uns so verzaubert hat. Hinter ihrem Projekt steckt eine Geschichte vom Träumen, vom Scheitern und vom Ankommen.
Wann hat die Welt eigentlich angefangen, sich so schnell zu drehen? Ganz still und heimlich scheint sie jedes Jahr einen Zahn zuzulegen. Und wir, wir sitzen drin im Karussell der Großstadtwelt, jagen der Karriere hinterher und versuchen gleichzeitig Freunde und Familie fest an uns zu klemmen, damit die bei dem Tempo nicht aus unserem Leben plumpsen. So langsam wird uns ganz schwindlig und nach jeder weiteren Runde stellen wir uns die Frage, die schon jedes Kind seinen Eltern gestellt hat: Wann sind wir endlich da?! Die Antwort darauf war noch nie zufriedenstellend. Gefühlt ist es einfach immer zu weit weg – das Meer oder das erfüllte Leben. Ist unsere Generation also ewig auf der Suche oder gibt es sie wirklich, die Erfüllung, die Zufriedenheit, das Ankommen in dem Leben, das wir schon immer leben wollten? Es gibt sie. Oder vielmehr: Es muss sie geben, wenn man Jan und Stephan so ansieht, wie sie auf ihrer Terrasse am Pool sitzen. Die Felder und Wiesen ihrer Farm erstrecken sich hinter ihnen, als sie unter der portugiesischen Nachmittagssonne unsere Fragen beantworten.
Auf Abwegen
Den direkten Weg zu ihrem Plätzchen Glück irgendwo im portugiesischen Nirgendwo, wo es keine Straßennamen mehr gibt, sondern man sich an der Schafherde des Nachbarn orientiert, nahmen Jan und Stephan nicht gerade. Ganz im Gegenteil. Bevor sich die beiden entschlossen, in Portugal ihr ganz persönliches Utopia zu bauen, marschierten sie erstmal stramm genau in die entgegengesetzte Richtung. Als beide zusammen in München wohnten, standen auf ihrer Reiseliste weniger die unberührte Natur als Megacitys wie Hongkong oder Jakarta. Sie wähnten sich als überzeugte Großstädter, die die Anonymität genießen und denen ein Mini-Kaktus von IKEA Natur genug ist. Noch dazu lief es karrieretechnisch – so von außen betrachtet – wie geschmiert. Stephan, studierter Bauingenieur, arbeitete in einem renommierten Münchner Ingenieurbüro. Bei einer entspannten 4-Tage-Woche verdiente er genug, um sich das Leben im nicht gerade für sozialverträgliche Mieten bekannten München locker leisten zu können. Jans Karriere nahm ebenfalls Fahrt auf. Er zog von München nach Hamburg, um dort das gehypte und von sämtlichen, in Hamburg vertretenen Bloggern gepriesene Fitness-Start-up URBAN HEROES mit aufzubauen. So weit, so vorzeigbar.
„Meistens muss es erst einmal richtig wehtun“Stephan
Tief im Herzen wussten sie aber bereits, dass etwas nicht stimmte. Dass es das einfach nicht ist. Perfekte Fassade hin oder her. „Der innerliche Schmerz ist zunächst ein sehr vages Gefühl. Meistens muss es erst einmal richtig wehtun“, schildert es Stephan. Bevor man es realisiert, geschweige denn etwas ändert. „Da braucht es einen Knall“, ergänzt Jan. Und dieser Knall kam bei den Beiden ziemlich gleichzeitig.
„Ich hab‘ gespürt, dass ich mich für all die Aufstiegschancen, die sich in meinem Job geboten hätten, nicht mehr begeistern konnte“, erzählt Stephan. Was für seine Kollegen die logischen nächsten Schritte waren, war für Stephan nicht erstrebenswert. Das Gefühl, dass er nicht zu hundert Prozent hinter dem steht, wie er sein Leben führt, kroch immer mehr an die Oberfläche. Während es bei Stephan also innerlich brodelte, ging Jan in seinem neuen Job in Hamburg an seine körperlichen Grenzen. Die Arbeitstage waren selten vor Einbruch der Dunkelheit zu Ende und selbst nach Feierabend gingen seine Gedanken noch die endlos erscheinenden To-do-Listen für den morgigen Tag durch. Als ihm das Arbeitspensum schließlich einen Termin beim Kardiologen einbrachte und obendrauf seine Beziehung in die Brüche ging, hatte sich auch bei Jan so einiges, was er als seine Zukunft sah, pulverisiert.
Utopia
RESET. Kündigung. Durchatmen. Ungefähr in der Reihenfolge warfen Jan und Stephan ihr bisher recht konformes Leben über den Haufen und überlegten sich das erste Mal, was sie wirklich wollen. Und zwar nicht im Sinne von „Wär‘ schön, aber ist eh nur eine Träumerei“, sondern bedingungslos und ehrlich. „Ich hab‘ dann gesagt, ich verlasse Deutschland solange, bis ich weiß, was ich machen möchte und komm‘ erst dann wieder zurück“, erzählt Jan. Die ersten Pläne machten sie auf einer Tour quer durch Sri Lanka. Dort stellten sich Jan und Stephan auch eine Frage, die sich jeder, dem das Karussell mal wieder zu schnell und in die falsche Richtung fährt, vielleicht öfter stellen sollte: „Was ist unser Utopia?“ Genauer gesagt: „Wie würde, wenn du nichts hast, wenn du von Null anfängst, der perfekte Ort aussehen?“, beschreibt es Jan. „Und warum sollte das nicht unsere Baseline sein, von der wir starten?“ Ja, warum eigentlich nicht. Hätten wir selber mal draufkommen können, denken wir uns in dem Moment.
Die Four Trees Farm
Dann, irgendwo zwischen Bali und Thailand, fanden Jan und Stephan ihr Utopia. Sie wussten, sie möchten einen Ort schaffen, an dem Natur, Bewegung, Zusammensein und einfach Zeit bewusst erlebt werden. Einen Ort, an dem sich jeder frei bewegen, den Gedanken und seiner Kreativität freien Lauf lassen kann und Gemeinschaft erfährt. Entschleunigung, Natur, Bewegung, Community. Das sollten laut Jan und Stephan die Pfeiler ihres eigenen Utopias werden.
“Alle Sinne werden angesprochen; ich rieche die Natur, ich höre die Natur, ich schmecke die Natur, wenn ich das Essen aus dem Garten esse und ich fühle sie, wenn ich im Baum sitze oder einfach mal mit den Händen durchs Gras streiche”Jan
Genau diesen Ort haben Jan und Stephan mit der Four Trees Farm geschaffen. Es sind etwas mehr als vier Bäume, die auf ihrer ca. 20 Hektar großen Farm stehen, aber zwischen denen findet man Ruhe, Entspannung und möglicherweise, wenn man so durch die Felder streift, begleitet nur vom Klang der unberührten Natur, auch sich selbst. Wir jedenfalls haben in unserer Zeit auf der Four Trees Farm tatsächlich ein wenig zu uns gefunden, zu unseren Körpern und noch mehr zueinander. Wir haben tolle Menschen kennengelernt, die wir schon nach kurzer Zeit ins Herz geschlossen haben und Erinnerungen dazu gewonnen, die uns sicherlich länger erhalten bleiben, als der zehnte Beach-Urlaub auf den Kanaren (Zu unserer Ehrenrettung möchten wir klarstellen, dass wir dort noch nie waren.).
Mia, wir sehen uns wieder! Wir freuen uns schon auf das nächste Mal, wenn wir die Koordinaten in den Jeep eingeben und zu euch in die portugiesische Wildnis hinaus brausen, bis uns am Ende des Weges das Wiehern der Pferde empfängt und wir euch, lieber Jan und lieber Stephan, am Tor stehen sehen.
Falls ihr Jan, Stephan und Mia jetzt sofort einen Besuch abstatten wollt, findet ihr alle Infos auf der Website von Four Trees Portugal. Folgt den Jungs übrigens auch gerne auf ihrem Instagram-Kanal.