Aleksandra Tcygankova ist Tochter einer erfolgreichen russischen Taschendesignerin. Von der Kunst zum Modedesign kam sie trotzdem erst in ihren späten Zwanzigern. Ihre ersten Stücke nähte sie während ihres Modedesign-Studiums. Nun präsentiert sie ihre Abschlusskollektion, die Gender-Design in Frage stellt und Unisex-Mode neu definiert. Denn anders als der klassische Ansatz von gradlinigen Schnitten für Männer und Frauen, arbeitet die Nachwuchsdesignerin mit fließenden Stoffen und nimmt die weibliche Form als Basis für ihre Mode, in der sich Menschen jeden Geschlechts wohlfühlen dürften. Denn entgegen aller Stereotype strahlt ihre Kollektion Stärke, statt zarter Femininität aus. Wir haben mit Aleksandra gesprochen.
Just My Hype: Was ist die Idee deiner Kollektion?
Aleksandra Tcygankova: Ich wollte mit meiner Kollektion weggehen vom Gender-Design. Kein „Rosa ist nur für Frauen. Blau für Männer.“. Ich wollte eine Unisex-Kollektion kreieren – und zwar für Männer. Denn auch wenn es Unisex-Mode heißt, ist sie häufig für Frauen gemacht. Sie basiert meist auf typischer, gerade geschnittener Männerkleidung, so umgewandelt, dass sie auch für Frauen attraktiv ist. Ich fand es spannend, die Perspektive zu wechseln und von weiblichen Schnitten als Basis für eine Unisex-Kollektion auszugehen. Die Herausforderung war da natürlich, dass die Silhouette an einem Mann nicht zu weiblich aussehen sollte.
Just My Hype: Gab es etwas, dass dich dazu inspiriert hat?
Aleksandra Tcygankova: Eine Inspirationsquelle waren verschiedene koreanische Labels. Gerade der asiatische Modemarkt ist hinsichtlich des Themas Gender-Design zurzeit sehr spannend. Hier werden viele Normen und Regeln gebrochen. Man spürt, dass die Designer keine Angst vorm Anecken haben. Das ist toll! Nach diesem Charakterzug habe ich auch bei meinen Models gesucht, die die Kollektion präsentieren. Alle drei haben sehr starke Persönlichkeiten, die sie der Welt auch zeigen.
Gute Kontakte sind in der Modebranche fast wichtiger als die Ausbildung selbst.
Just My Hype: Wie möchtest du in Zukunft in der Modebranche arbeiten?
Aleksandra Tcygankova: Ich schätze es sehr, wenn ich mich bei meiner Arbeit so ausleben kann, wie ich das möchte. Wenn ich für jemanden arbeite, will ich dennoch diese Art von Freiheit haben. Ich werde mich bei großen wie kleinen Labels bewerben, die stilistisch auch zu mir passen. Grundsätzlich wird sich jetzt nach meinem Abschluss aber auch herausstellen, wie gut meine Kontakte schon sind. Die sind in dieser Branche einfach sehr wichtig, fast wichtiger als die Ausbildung selbst.
Just My Hype: Die Modeindustrie ist verschrien, was Arbeitsbedingungen betrifft – gerade für junge Designer. Wie siehst du das? Nimmst du das für einen erfolgreichen Start in die Branche in Kauf?
Aleksandra Tcygankova: Ja, tue ich wohl. Wenn man bei einem Label mit großem Namen arbeiten möchte, muss man zu Beginn schon damit rechnen, dass man dort als Praktikant oder Assistant anfängt und nicht gerade toll bezahlt wird. Überstunden sind ebenfalls völlig normal. Eine Ausnahme sind da übrigens Moderiesen wie H&M oder Zara. Da bekommen bereits junge Designer vergleichsweise vernünftige Verträge. Ich bin aber in jedem Fall dazu bereit, hart zu arbeiten, um diesen Job machen zu können.
Just My Hype: Hast du nicht das Gefühl, dass da gerade etwas Grundsätzliches falsch läuft in der Branche?
Aleksandra Tcygankova: Ich mach mir darüber ehrlicherweise nicht so viele Gedanken. Ich nehme das für den Moment einfach hin und glaube auch, dass viele Labels versuchen, so viel Geld wie möglich in die Kollektion und in die Stoffe zu stecken und dann eben an Gehältern sparen. Hinzu kommt, dass viele Menschen in der Modebranche arbeiten wollen. Die Konkurrenz ist hoch. Deshalb sind die meisten bereit, am Anfang für wenig Geld zu arbeiten.
Design verbindet Kunst mit dem alltäglichen Leben der Menschen, macht sie für die breite Masse verständlich. Das hat eine gewisse Anziehung.
Just My Hype: Warum ist es für so viele erstrebenswert Modedesigner zu werden?
Aleksandra Tcygankova: Design ist für mich eine Vorstufe von Kunst. Kunst ist für mich etwas, das getrennt zu sehen ist vom normalen Leben. Design verbindet Kunst mit dem alltäglichen Leben der Menschen, macht sie für die breite Masse verständlich. Das hat eine gewisse Anziehung. Dazu kommt, dass gerade jüngere Generationen nach kreativen Jobs streben. Und wenn man gut ist, kann man mit Design sogar viel Geld verdienen.
Just My Hype bedankt sich für das Gespräch.
Credits
Fotos: Felix Valentin
Styling & Fashion: Aleksandra Tcygankova
Models: Lennart Ehrlich, Julie Katharina, Corby Zac